Vor ein paar Tagen war ich an der Nordsee zum Surfen. Der Herbst ist da, die Wellen schlagen höher.
Wie würden Sie definieren, ab welcher Höhe eine Welle als hoch einzustufen ist? Ab 1,5m? Ab 3m oder sogar 5m?
Bei dem Thema Nachhaltigkeit und eigentlich allen neuen Begrifflichkeiten geht es zunächst einmal um die unternehmerische Definition.
Definition des Begriffs „Nachhaltigkeit“
Führen Sie einmal eine kleine Umfrage in Ihrer Organisation mit 10 Personen durch: Wie definiert die Person, mit der Sie sprechen, „Nachhaltigkeit“?
Ich wette, Sie erhalten bei 10 Personen 10 verschiedene Antworten. Der eine sagt, für ihn fängt Nachhaltigkeit bei der Art an, mit welchem Transportmodus man zum Arbeitsplatz kommt, und die andere Person sagt, Nachhaltigkeit bedeutet, eine Kreislaufwirtschaft in Gang zu setzen. Eine allgemeinere Definition kann dahingehend lauten, dass „die beteiligten Systeme ein bestimmtes Maß an Ressourcennutzung dauerhaft aushalten können, ohne Schaden zu nehmen“.
Das Thema ist jedoch weniger abstrakt als viel mehr persönlich und geht jeden etwas an. Da das Thema emotional behaftet ist, ist es folglich richtig, einen emotional behafteten Zielzustand zu beschreiben. Wenn Ihr Unternehmen „nachhaltiger“ werden will, sollte Ihre erste Frage lauten: „Weshalb, was versprechen wir uns davon?“ Beginnen Sie also mit den richtigen Fragen, bevor Sie versuchen, die richtigen Antworten zu finden.
Ernsthaftigkeit des Vorhabens
Wie ernst meint es Ihr Unternehmen wirklich mit Nachhaltigkeit? Gibt es ein konkretes, griffiges, einfach verständliches Ziel, das öffentlich ausgerufen wurde oder das immer wieder intern kommuniziert wird?
Saint-Gobain beispielsweise hat öffentlich im September 2019 bekannt gegeben, bis 2050 komplett CO2 frei zu werden. Das ist ein ambitioniertes Ziel, dem sich ein Konzern von knapp 180.000 Mitarbeitern und 42 Mrd. Euro Umsatz verpflichtet. Damit gehört Saint-Gobain zu einem exklusiven Zirkel von nur etwas mehr als 100 Unternehmen weltweit, die vom Weltklimarat mit Ihrem Umsetzungskonzept anerkannt wurden, an diesem Vorhaben teilzunehmen. Ein mutiges Vorhaben, das neben gesellschaftlichen Verantwortlichkeiten sicherlich auch einen geschäftlichen Nutzen verfolgt. Aber ist der geschäftlichen Nutzen per se verwerflich? Ich denke, dem ist nicht so.
Geschäftlicher Nutzen ist vollkommen nachvollziehbar, geht es doch um nichts weniger, als die Existenzberechtigung in der nächsten und den darauffolgenden Generationen!
Wenn das Thema Nachhaltigkeit nun so sehr in der Gesellschaft verwurzelt ist und in Protesten oder Aktivismus für Themen wie dem Klimaschutz und anderen Themen mündet, die bis vor ein paar Jahren noch kaum Zuspruch gefunden hatten, so ist klar:
Das Thema Nachhaltigkeit trägt entscheidend zur Mitarbeiterbindung bei.
Dies hängt auch mit dem Thema „Purpose“ zusammen. Es geht nicht mehr darum, einzig und allein Umsatz und Gewinn zu maximieren, sondern einen wirklichen Mehrwert zu schaffen. Wir denken bei Lebenswerk:
Mehrwertführerschaft wird Marktführerschaft langfristig ablösen.
Damit wird sich langfristig aus der Mehrwertführerschaft die Marktführerschaft ergeben!
Nachhaltigkeit ist ein Marathon mit Etappen
Versuchen Sie, ein großes Ziel in kleinere zu unterteilen. Nachdem Sie den Zielzustand für sich beschrieben haben, geht es nun darum, Ergebniskriterien zu definieren, mit denen Sie messen können, ob Sie dem Zielzustand näherkommen.
Bei Saint-Gobain ging es darum, bis 2025 die Emissionen, um immerhin 20% zu senken, aber auch, und das ist womöglich entscheidend, um den Weg für das Gesamtziel für 2050 zu ebnen, eine „Awareness“ und „Commitment“ in der gesamten Belegschaft zu schaffen! Das geschieht nicht über Nacht, sondern dies ist ein jahrelanger, andauernder Prozess.
Obwohl in den allermeisten Unternehmen der CO2 Ausstoß bedingt durch Geschäftsreisen, Pendeln und sonstigen Aktivitäten der Belegschaft in der gesamtunternehmerischen Bilanz, wenn
überhaupt, eine geringe einstellige Prozentsätze erreicht, so gibt es einen entscheidenden, zusätzlichen Faktor:
Je mehr sich eine Person mit diesem Thema verbunden fühlt, desto eher ist diese auch gewillt, Nachhaltigkeitsgedanken in Produktinnovationen einfließen zu lassen.
Der höchste CO2 Ausstoß der meisten Unternehmen resultiert nämlich aus der Nutzung oder Applikation des Produkts auf Seiten des (End-) Verbrauchers. Folglich handelt es sich um einen indirekt verursachten CO2 Ausstoß seitens des produzierenden Unternehmens. Allerdings kann jeder Hersteller maßgeblich dazu beitragen, diese durch nachhaltigere oder innovativere Produktzusammensetzungen entscheidend zu verringern.
Ihr Alexander Nowroth